Mut zur Strecke - ein Hundertmeiler für Freizeitreiter

Der Hundertmeiler ist wohl die härteste Prüfung eines ambitionierten Distanzreiters und jetzt auch durch die Challenge „Mut zur Strecke“ in kleinerer Form für jeden Reiter eine schöne Alternative, um sich im heimischen Training zu motivieren. Was auf einem Distanzritt an einem Tag bewältigt wird, kann man nach eigenen Vorstellungen über mehrere Monate verteilen.

Kurze Erklärungen zum Aufbau der verschiedenen Streckenlängen:
- EFR (Einführungsritt): bis 40km
- KDR (Kurzer Distanzritt): 41-60km
- MDR (Mittlerer Distanzritt): 61-80km
- LDR (Langer Distanzritt): 81-160km

Wie kamen wir dazu?
Im Jahr 2018 habe ich mit meiner blinden Stute Alizee das erste Mal Distanzluft geschnuppert. Der Distanzsport verlangt von Pferd und Reiter wie jedes andere Turnier viel Disziplin, Vorbereitung und Durchhaltevermögen – nur das man hier sein Können nicht nur für einige Minuten, sondern mehrere Stunden beweisen kann. Nachdem ich zunächst auf einem EFR ausprobierte, ob wir dieser Herausforderung gewachsen waren, überraschte mich gleich die tolle Atmosphäre und das Gemeinschaftsgefühl auf diesen Ritten. So folgten im nächsten Jahr schon weitere KDR – alle in der Wertung und immer mit einem hochmotivierten Pferd. Voller Elan haben wir über den Winter weiter trainiert und wollten im März wieder auf die Strecke – doch wie vielen anderen Turnieren kam auch den Distanzritten die Corona-Krise dazwischen. In genau dieser Zeit wurde ein neues Projekt entwickelt, um uns Reitern neue Trainingsanreize zu geben und den Zusammenhalt zu stärken, auch wenn man allein im Stall ist und vielleicht nur einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung hat. Das Ziel: die Kilometer für einen Hundertmeiler bis zum 1.12.2020 sammeln!

Welche Kilometer zählen?
Wie man die Kilometer sammelt, steht dabei jedem völlig frei. Ich bin mit meiner blinden Stute Alizee und meiner Jungstute Moony dabei und habe die ersten 160km ausschließlich zu Fuß mit den Pferden bei längeren Wandertouren gesammelt. Wie erwartet waren die beiden Appaloosa die perfekten Begleiterinnen – ob das Durchqueren eines Flusses, der Besuch eines Eiscafés mit Rast, endlose Wege durch Wälder, über Brücken und durch kleine Orte – sie fanden Gefallen am Wandern und die Kondition stieg mit jedem Tag.
Wir haben die Herausforderungen nun immer wieder abgewandelt und in den ersten beiden Monaten spielend die 800km-Marke auf unserem Konto überschritten – mittlerweile auch geritten, dazwischen einige Wanderritte, das Training für einen 80km Distanzritt im September, die Ausbildung zu Therapiepferden, Gymnastizierung auf dem Platz, Zirsensik, Joggingrunden mit mir und die Arbeit an der Longe und Doppellonge. Ich kann nur sagen: Es ist unheimlich motivierend und spannend mit einer App zu tracken, wie viele Kilometer man mit den Pferden zurücklegt. Oder wer könnte aus dem Stehgreif sagen, ob man zwei, drei oder fünf Kilometer in einer Platzeinheit auf dem Konto verbuchen kann?
Zudem war diese Challenge für mich auch ein Anreiz unser heimisches Gelände etwas mehr zu erkunden. Meine Appaloosa waren bereits durch die jahrelangen Ausflüge enorm trittsicher, ausdauernd, motiviert, fein an den Hilfen und im Straßenverkehr ein ruhiger Partner. Nun haben wir bewusst vorab einige Routen geplant und sind den Wegen in unbekanntes Gelände gefolgt, um auch etwas anderes zu sehen. Besonders spannend war nach dem ersten Monat für mich die Übersicht: ich hatte durch das regelmäßige Führen der Tabelle einen perfekten Überblick und konnte genau sehen, wie sich unsere Trainingsreize im Gesamtbild zusammensetzen.
Was passiert, wenn die 160km erreicht wurden?

Das Schöne an „Mut zur Strecke“: Vielleicht sammelt man die ersten 160km wie wir in einigen Tagen. Danach hat man aber weiterhin die Möglichkeit immer wieder zu starten und die Schwierigkeit anzupassen, denn am Ende stehen auf der Urkunde am 1.12. alle gesammelten Kilometer, die man dem Organisationsteam übermittelt hat. Ob man nur die Kilometer im Galopp zählt, selbst alles mit dem Pferd laufen will, oder ein Pferd nach einer Krankheitsphase aufbaut – die Möglichkeiten sind unbegrenzt und den Schwierigkeitsgrad bestimmt jeder für sich. An dieser Challenge nehmen nicht nur Fahrer, Freizeitreiter und Läufer teil, sondern genauso ambitionierte Turnierreiter aller möglichen Sparten und nicht zuletzt sogar die Championatskaderreiter aus dem Distanzsport. „Mut zur Strecke“ wurde im Übrigen inspiriert von der WARHORSE Challenge aus den USA (Initiatorin Christina Hyke)

Was kann ich im Rückblick auf die ersten zwei Monate mit „Mut zur Strecke“ sagen?
Für mich war jede Minute kostbar – am Ende ging es mir hier nicht nur um eine Herausforderung zu Hause, sondern um die gemeinsame Zeit mit meinen Pferden.

Achtung!
Alle Interessierten können sich auch jetzt unter https://mutzurstrecke.com/ anmelden und bis zum 1.12.2020 die erforderlichen Kilometer sammeln.

Text/Fotos: Rabea Müller
Facebook: artemis alazán - project blind

Danke Rabea für die tollen Eindrücke!


Der Vollständigkeithalber noch ein paar Details zu den beiden Appaloosa-Stuten:
„Alizee“ - ZIPPOS MIGHTY ALIZEE, geb. am 19.03.2002 Prämienstute des ApHCG
„Moony“ - ZIPPOS CARMINA MOON, geb. am 27.05.2015

 

Zurück